Das Kind träumt (16+)

von Hanoch Levin Aus dem Hebräischen von Matthias Naumann
„Wer gibt Leben? Wer tötet? Wer lacht mit mir? Wer über mich? All die schmelzend-fließenden Gesichter wie im Traum – wo ist das Gesicht des Tageslichts?”
Das, was eben noch unvorstellbar war, geschieht: Mitten in der Nacht dringen Soldaten in Zimmer und Träume ein. Das Kind, das gerade noch sanft geschlafen hat, wird aus seinem Zuhause in die Flucht getrieben. Mutter und Kind gelangen an Bord eines Schiffes, das ihnen Schutz bieten soll, aber keinen sicheren Hafen findet. Auf ihrem Weg blicken sie in die verschiedenen Gesichter der Menschlichkeit; Großzügigkeit und Bosheit, Hoffnung, Ohnmacht und Verlust starren zurück. Mutter und Kind suchen Asyl, kämpfen um ihr Recht auf Leben, bitten um Hilfe und appellieren an die Solidarität der Menschen, die ihnen begegnen. Und immer begleitet das Kind die Frage: Ist das die Wirklichkeit oder ein böser Traum?

„Das Kind träumt“ ist inspiriert von der realen Geschichte des Schiffes St. Louis, das 1939 aus Hamburg aufbrach und in Kuba vor den Schrecken des Nationalsozialismus Asyl suchte, abgewiesen wurde und gezwungen war nach Europa zurückzukehren. 1993 stellt der israelische Dramatiker Hanoch Levin mit düsterem Humor und in Brechtscher Tradition der Verfremdung, Flucht und Vertreibung als universelle Erfahrungen dar. Zugleich untersucht er die Kraft des Theaters, Trost zu spenden. Gemeinsam mit einem großen Ensemble gibt Regisseur Alexander Riemenschneider den (Traum-)Bildern der von Flucht und Krieg bestimmten Gegenwart eine Gestalt und verankert sie in Levins allegorischer Erzählung.


Ausgezeichnet mit dem Deutschen Theaterpreis DER FAUST 2023 in der Kategorie Inszenierung Theater für junges Publikum.

Termine

https://www.parkaue.de Theater an der Parkaue Parkaue 29, 10367 Berlin
Mi 29.01.
18:00
→ 17:30 Einführung
https://www.parkaue.de Theater an der Parkaue Parkaue 29, 10367 Berlin
Do 30.01.
10:00
→ im Anschluss Publikumsgespräch
https://www.parkaue.de Theater an der Parkaue Parkaue 29, 10367 Berlin
Do 13.03.
18:00
https://www.parkaue.de Theater an der Parkaue Parkaue 29, 10367 Berlin
Mi 09.04.
10:00
→ im Anschluss Publikumsgespräch

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Double Time: 2 Tickets zum Preis von 1
Ob zu zweit, mit Freund*innen oder der Familie, gemeinsam macht der Theaterbesuch doppelt Spaß!

Mit dem Aktionscode „doubletime“ erhaltet ihr für die Vorstellung am Mi, 29.01., 18:00 im Webshop oder bei der Reservierung beim Besucher*innenservice und an der Abendkasse zwei Tickets zum Preis von einem.
Inhaltliche Hinweise
Thematisierung von Sterben, Tod, Leichen, Militär, Krieg, Tötung/Ermordung, Verlust, Trauer, Gewalt, toten Kindern, Überlebenskampf, Angst, Geburt, Mutterschaft, Vergewaltigung, Einwanderung, Vertreibung und Flucht

Textliche Schilderung von
  • Blut: Ein Schauspieler liest eine Zeile über einen verwundeten und blutüberströmten Mann vor
  • Einer Leiche: Ein Schauspieler beschreibt den Geruch und Anblick einer Leiche

Szenische Darstellungen von
  • Sterben: Ein Schauspieler zieht sich ein rotes Tuch aus einem Loch in seinem Pullover heraus, dann sackt er zu Boden und liegt reglos da. Eine Schauspielerin bedroht einen Schauspieler mit einer blauen Pistole, dieser holt eine kleine Tüte aus seiner Hosentasche, pustet Luft hinein, hält sie sich vors Gesicht und schlägt drauf. Rotes Konfetti fällt auf sein Gesicht. Er geht zu Boden und liegt reglos da. Ein Schauspieler karikiert wie ein Clown unterschiedliche kurze Vorgänge zu sterben.
  • Einer Invasion: Zwei Schauspieler*innen tragen blaue Maschinengewehre mit sich, ein weiterer Schauspieler tritt als Kommandant mit einer blauen Pistole auf, bedroht einen Schauspieler, hält ihm die Pistole an den Kopf und bringt ihn dazu in die Knie zu gehen.
  • Einer sexuellen Nötigung: Eine Schauspielerin fasst einem Schauspieler ins Gesicht, tastet sich an seinem Körper entlang und fasst ihm zwischen die Beine an sein Geschlecht. Beide sind angezogen. Er wehrt sich, daraufhin bedroht sie ihn mit einer blauen Pistole und fordert ihn auf in die Knie zu gehen, den Mund zu öffnen und die Pistole zu lutschen, danach kriecht er weinend am Boden und steht langsam wieder auf.
  • Einer Vergewaltigung: Nach einer verbalen Erpressung, umfasst ein Schauspieler das Handgelenkt einer Schauspielerin. Sie stehen mit dem Rücken zum Publikum, ihre Arme sind in die Höhe gestreckt. Rhythmische Trommelschläge sind hörbar, das Ensemble wiegt sich im Takt hin und her. Davor steht eine andere Schauspielerin, die eine Kinderpuppe in ihrem Arm trägt, ihr die Ohren zuhält und singt.
  • Gewalt: Eine Schauspielerin drückt ein Kind, das durch eine Puppe dargestellt wird, mit zwei Händen auf der Brust von sich weg. Ein Kind, dargestellt von einer Puppe, wird von mehreren Schauspieler*innen gegen seinen Willen von seiner Mutter weggerissen. Die Mutter wendet sich von ihm ab, hält sich Ohren und Augen zu und stützt sich an einem Baugerüst. Das Kind schreit laut. Am Ende wird der Vorgang von einer Schauspielerin unterbrochen und das Kind landet wieder im Arm der Mutter.
  • Einem Gräberfeld mit toten Kindern: Zunächst liegen auf einem Tisch nebeneinander mehrere abstrakte Puppen, die tote Kinder symbolisieren. Dann beginnen Schauspieler*innen diese Kinderpuppen am Tisch zu führen. Etwas später kommt eine Schauspieler*in dazu, die eine andere Kinderpuppe auf dem Arm trägt, wie eine Mutter ihr totes Kind.

Reproduktion von flüchtlingsfeindlicher Asylpolitik
Sensorische Reize
Einsatz von Licht
  • Zu Beginn dunkle Lichtstimmung, die nach einer Weile in eine rote Lichtstimmung wechselt
  • danach ruhige und stetige Lichtwechsel
  • gegen Ende färbt sich das Licht zeitweise grau

Einsatz von Musik und Geräuschen
  • Häufig laute elektronische Live-Musik von zwei Musiker*innen, die auf der Bühne sind
  • Nach den ersten fünf Minuten mehrmalige laute und unerwartet quietschende und ungenehme Geräusche
  • Viele laute Verzweiflungsschreie

Sonstige Effekte
  • Zu Beginn hängen große durchsichtige Kugeln an roten Seilen von der Bühnendecke herunter, sie berühren fast den Bühnenbodens schaukeln leicht hin und her. In den ersten Minuten des Stücks werden diese nach und nach hochgezogen, hängen dann fast unter der Bühnendecke und bewegen sich leicht.
  • Einsatz einer Handnebelmaschine
Theaterpraktischer Workshop zur Nachbereitung
Dieser nachbereitende Workshop nimmt die künstlerischen Impulse des Stückes „Das Kind träumt“ auf, eröffnet einen Raum zur Reflexion des Theaterbesuches und bietet Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit der Lebenswelt der Schüler*innen – mit einer Mischung aus theaterpraktischen Übungen und Methoden der diskriminierungskritischen Bildungsarbeit.

Flucht und Asyl, die migrationsfeindlichen Debatten der letzten Monate, aktuelle Kriege in der Ukraine, in Gaza und dem Libanon oder im Sudan: Dies alles sind Themen, die viele Schüler*innen in Berlin direkt oder indirekt betreffen und die immer wieder auch zu Konflikten untereinander führen.

Basierend auf der realen Geschichte des Schiffes St. Louis fragt „Das Kind träumt“ nach Möglichkeiten für Empathie, Solidarität und Menschlichkeit im Hier und Jetzt. Dabei öffnen die Inszenierung und der nachbereitende Workshop viel Raum für eigene Interpretationen, Assoziationen und die Verknüpfung einer Vielzahl persönlicher Erfahrungen und Fragen an Geschichte und Gegenwart.

Für Schüler*innen der 10. – 13. Klasse

Wo: mobiler Workshop direkt in der Schule
Wann: Termine nach Absprache (am besten mehrere Terminvorschläge zur Auswahl schicken)
Dauer: 90 Minuten
Kosten: kostenfrei in Verbindung mit einem Vorstellungsbesuch

Anmeldung und Terminvereinbarung unter: service@parkaue.de
Anbindung an den Rahmenlehrplan
Geschichte
  • 9. – 10. Klasse: Nationalsozialismus, 2. Weltkrieg, Demokratie und Diktatur, Konflikte und Konfliktlösungen, Feindbilder, Geschlechteridentitäten
  • 3. Kurshalbjahr ge-3/GE-3: Die moderne Welt und ihre Krisen: Demokratie und Diktatur; Herrschaft und Ideologie im NS-Staat, Widerstand und ziviler Ungehorsam, Holocaust, 2. Weltkrieg

Politikwissenschaft
  • Kompetenzerwerb: transnationale Verflechtungen moderner Gesellschaften fundiert an aktuellen und vergangenen Beispielen und Problemen der europäischen Integration und Globalisierung methodisch und fachlich sicher erläutern und beurteilen.
  • 1. Kurshalbjahr pw-1/PW-1: Gegner der Demokratie – Politischer Extremismus: Antisemitismus, Nationalismus
  • 1. Kurshalbjahr pw-1/PW-1: Konflikt und Konsens - Behandlung von möglichst aktuellen Konflikten unterschiedlicher Ebenen
  • 2. Kurshalbjahr pw-2/PW-2: Bundesrepublik Deutschland heute – Demografie und Gesellschaftswandel
  • 3. Kurshalbjahr pw-3/PW-3: Europa – Migrationen: Migranten, Flüchtlinge, Asylbewerber, Vertriebene usw.
  • 4. Kurshalbjahr pw-4/PW-4: Internationale Entwicklungen im 21. Jhd: Entwicklung und Durchsetzung des Völkerrechts (Den Haag, Genf usw.); ethnische Konflikte und Bürgerkriege (Menschenrechtsverletzungen)

Politische Bildung
Demokratie in Deutschland; Kriege, Konflikte, Terrorismus; Entwicklungspolitik und Friedenssicherung; Europa in der Welt – politische Entscheidungen, Migrationspolitik (9./10. Klasse)

Sozialwissenschaften
  • 3. Kurshalbjahr sw-3/SW-3: Recht, Staat und Politik in Deutschland und Europa – Menschenrechte
  • 4. Kurshalbjahr sw-4/SW-4: Wirtschaft und Gesellschaft, Recht und Politik im internationalen System - Staatenwelt: Völkerrecht und internationale Politik und Institutionen

Darstellendes Spiel
  • Theaterformen: Literaturtheater (Sprechtheater), Objekttheater (Masken-, Puppentheater)
  • Rezeption - Zuschauen / Reflexion: Inspiration, Intensivierung und Ergänzung der praktischen Theaterarbeit in der Schule, Wirkungsgesetze zu benennen, Konzeptionen zu erkennen und Inszenierungen theatertheoretisch einzuordnen.

Nachbilder, Echos, Wirkungen auf unsere Gegenwart

Ein Gespräch zwischen dem Regisseur Alexander Riemenschneider und dem Dramaturgen Daniel Richter

Trailer


Dauer: 90 Minuten
Spielort: Bühne 1
ab 16 Jahren · 10. – 13. Klasse
Premiere: 13. Januar 2023